Als Sportler machen wir uns über ziemlich viele Dinge Gedanken. Ganz gleich, ob die richtige Eiweißversorgung, die Optimierung der Wachstumshormon-Konzentration im Blut oder die optimale Abstimmung von Belastungsintervallen für den maximalen Anpassungsreiz im Training. Das Sportlerleben ist komplex. Nur allzu leicht fallen in diesem Kontext scheinbar selbstverständliche Dinge glatt unter den Tisch.
Einer dieser Punkte ist die richtige Atmung, die in unserem Leben so automatisch abläuft, dass wir diese bewusst gar nicht mitbekommen. Und das hat Folgen, denn wer beim Sport falsch atmet, der braucht sich nicht darüber zu wundern, dass es mit der eigenen Leistungsfähigkeit nicht bergauf geht – das gilt vor allem für Ausdauersportler aber auch für Kraftsportler.
Wie funktioniert die Atmung?
Hast du dir schon einmal wirklich bewusst Gedanken über das aktive Atmen machen müssen? In den meisten Fällen nicht, denn das übernimmt unser Körper in der Regel von ganz alleine. Dieser Automatismus wird durch einen Reflex gesteuert, der grob gesagt dann aktiviert wird, wenn die Konzentration kohlendioxidhaltiger Luft zu hoch wird. Ist dieser Punkt erreicht, atmen wir automatisch aus.
Kurz darauf strömt beim Einatmen frische sauerstoffreiche Luft über Nase und Mund in die Lunge, wo diese über die fein verästelten Bronchien und die Lungenbläschen (Alveolen) im Rahmen des Gasaustauschs an haarfeine Kapillargefäße abgegeben wird und so über den Blutstrom in jede Körperzelle gelangt. Parallel wird das CO2 aus dem Blut ausgeschieden und gelangt über den gleichen Weg aus dem Körper.
Prinzipiell haben wir die Möglichkeit zur Mundatmung und zur nasalen Atmung, was einige Vorteile in sich birgt. Die nasale Atmung reicht die meiste Zeit über aus, um uns mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Wird unserem Körper hingegen eine höhere Leistung abverlangt, benötigen wir auch größere Mengen an Sauerstoff. Hier springt die Mundatmung ein, die für sich genommen ausreicht, um uns mit dem nötigen Sauerstoff beim Sport zu versorgen.
Streng genommen bräuchten wir die Nase zum Atmen nicht einmal. Dennoch ist sie unverzichtbar, denn sie übernimmt eine essentielle Filterfunktion und schützt uns so vor Keimen und Krankheitserregern. Und auch beim Sport ist der eingebaute Filter äußerst praktisch. Das weiß jeder Läufer oder Radsportler, der bei höheren Geschwindigkeiten bei der Mundatmung schon einmal einen unfreiwilligen geflügelten Proteinsnack genossen hat.
Warum im Sport ohne die richtige Atmung gar nichts geht
Wenn das Ganze doch automatisch abläuft, warum muss ich mich überhaupt um meine Atmung kümmern? Die Antwort ist naheliegend. Wer seine Atemtechnik beim Sport optimiert, der optimiert auch seine körperliche Leistungsfähigkeit. Denn je besser die Muskulatur und die inneren Organe mit Sauerstoff versorgt werden, desto effizienter können Kohlenhydrate und Fette in den Mitochondrien in Energie umgesetzt werden.
Während die Atemfrequenz im Ruhezustand problemlos vom Automatismus deines Körpers übernommen werden kann, sieht das unter sportlicher Belastung etwas anders aus. Hier steigt die Atemfrequenz von ca. 14 bis 16 Atemzügen pro Minuten deutlich an. Um möglichst viel Sauerstoff einzuatmen, reicht es jedoch nicht aus, einfach nur schnell zu atmen. Denn das artet oft eher in ein flaches Hecheln aus, wobei nur unmerklich mehr Sauerstoff in die Lunge gelangt.
Viel wichtiger ist das Training der richtigen Atemtechnik für die Ausbildung der Atemmuskulatur. Je kräftiger die Atemmuskulatur ist, desto mehr Sauerstoff kann auch durch eine erhöhte Lungenkapazität selbst unter Höchstbelastungen in den Körper aufgenommen werden. Wenn du Leistung bringen möchtest, ist das enorm wichtig, denn gerade für Ausdauerleistungen ist dein Körper auf eine gute Energiebereitstellung im Rahmen des aerob-alaktaziden Energiegewinnungsmechanismus angewiesen.
Fehlt hingegen der Sauerstoff, sammelt sich durch die unvollständige Verstoffwechslung von Energieträgern Laktat in der Muskulatur an. Das Resultat: Die umgangssprachlich „sauren Beine“ und ein deutlicher Leistungseinbruch. Wer hingegen auch seine Atmung trainiert, verhindert die zu frühe Übersäuerung der Muskulatur.
Bauchatmung vs. Brustatmung – Was ist besser?
Auch wenn es uns nicht unbedingt auffällt, so atmen wir auf zwei unterschiedlichen Wegen. Einerseits mit Hilfe der sogenannten Brustatmung und andererseits mit der Bauchatmung. Interessanterweise macht der Körper im Ruhezustand alles richtig, indem er im entspannten Zustand die Bauchatmung vorzieht. Durch die Beteiligung des Zwerchfells in seiner Rolle als wichtigster Atemmuskel gelangt so am meisten Sauerstoff in den Körper.
Interessanterweise wechseln die meisten Sportler, die beim Sport nicht auf ihre Atemtechnik achten, unter Belastung zur Brustatmung. Das ist gerade in sportlichen Belastungssituationen ein großer Fehler, denn die Brustatmung ist deutlich flacher als die Bauchatmung und lässt uns schneller ermüden. Das liegt einerseits am geringeren Atemvolumen als auch daran, dass das Zwerchfell kaum arbeitet. An dessen Stelle treten die Atemhilfsmuskeln, die nun fast die gesamte Arbeit übernehmen müssen.
Eine der nur allzu bekannten Folgen ist das unangenehme Seitenstechen bzw. der eklige Muskelkater zwischen den Rippen am Folgetag nach einer langen Ausdauereinheit. Was sagt uns das? Richtig, als Sportler sollten wir uns bewusst auf das Training der Bauchatmung konzentrieren. Dazu muss in erster Linie die Atemmuskulatur gekräftigt werden. Dabei können dir die folgenden Übungen helfen:
1. Unterwasser atmen
Wenn du dein Zwerchfell wie einen ganz normalen Muskel trainieren möchtest, musst einen Widerstand erzeugen, gegen den dieses ankämpfen muss. Wasser ist hier ein ideales Element für ein Atemtraining, denn selbst beim Schwimmen nahe an der Wasseroberfläche lastet zusätzlicher Druck auf deinem Oberkörper. Wer also regelmäßig schwimmen geht, tut nicht nur etwas für seine allgemeine Fitness, sondern auch für seine Atemmuskulatur.
Hier gilt die Faustregel: Je weiter der Oberkörper Unterwasser ist, desto anstrengender für deine Atemmuskulatur. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, stellst du dich mit einem möglichst langen Schnorchel in ein Schwimmbecken und gehst so weit in die Hocke, bis der Schnorchel nur noch knapp aus dem Wasser herausguckt. Versuche nun kräftig ein- und auszuatmen. Schon nach einigen Wochen wirst du merken, wie sehr sich deine Atmung auch außerhalb des Wassers verbessert hat.
2. Zwerchfelltraining mit Zusatzgewicht
Da natürlich nicht jeder ein Schwimmbad für Atemübungen um die Ecke hat, kannst du deine Atemmuskulatur für die richtige Bauchatmung natürlich auch ohne Wasser kräftigen. Hierzu legst du dich mit dem Rücken flach auf den Boden und legst einige Bücher auf deinen Oberbauch. Atme nun für 3 bis 5 Minuten so tief ein und aus, wie du kannst. Auch wenn es hier ein wenig länger dauert, bis du den „Trainingseffekt“ merkst, wirst du schon nach vier bis sechs Wochen spürbare Ergebnisse erzielen.
3. Tiefes Ein- und Ausatmen
Die Optimierung der Atemtechnik ist ein guter Lückenfüller für den Alltag. Da du dich natürlich im Büro nicht mit einem Stapel Bücher auf den Boden legen kannst, greifst du hier einfach auf tiefes Ein- und Ausatmen zurück. Ganz gleich, ob im Bus, auf dem Bürostuhl oder im Auto, zweimal 6 bis 8 Minuten Atemtraining pro Tag lohnen sich immer.
4. Sauerstoffmangeltraining
Das sogenannte Sauerstoffmangeltraining ist eine sehr effiziente aber auch enorm anstrengende Variante, um die Atemmuskulatur zu trainieren. Hier geht es darum, dass du die Sauerstoffzufuhr während des regulären Ausdauertrainings einschränkst, sodass deine Atemmuskulatur dazu gezwungen ist, mehr Arbeit zu verrichten, um an die gleiche Menge Sauerstoff heranzukommen.
Hierzu kannst du beispielsweise eine herkömmliche Staubschutzmaske aus dem Baumarkt verwenden, die bedingt durch ihre Filterfunktion deutlich weniger Sauerstoff durchlässt. Somit muss deine Atemmuskulatur mehr „Sog“ aufbringen, um eine adäquate Sauerstoffmenge aufzunehmen. Da es zugegebenermaßen seltsam aussieht, mit einer Staubschutzmaske auf dem Rad zu sitzen oder eine Runde im Park zu joggen, kannst du dieses Sauerstoffmangeltraining natürlich auch auf dem Ergometer ausführen.
Da es sich um eine besonders herausfordernde Trainingsmethode handelt, empfiehlt sich der Einsatz lediglich als Blocktraining im Rahmen von 4 bis 6 Wochen mit jeweils 2 bis 3 Einheiten pro Woche. Positiver Nebeneffekt: Mit dieser Trainingsform stärkst du nicht nur deine Atemmuskulatur, sondern bringst deinem Körper auch bei, mit weniger Sauerstoff, die gleiche Leistung zu erbringen.
So atmest du beim Sport richtig
Abschießend möchten wir uns noch einige Sportarten anschauen, bei denen du mit Hilfe einer starken Atemmuskulatur und der richtigen Atemtechnik mehr Leistung aus deinem Körper herausholen kannst.
1. Laufen
Die meisten Läufer passen ihre Atemfrequenz beim Laufen der Schrittfrequenz oder den Beats der Musik an. Wenn auch du zu diesen Sportlern gehörst, solltest du das schnellstens abstellen, denn die Frequenz ist viel zu schnell, was zu einer flachen Brustatmung mit zu geringem Sauerstoffzustrom führt. Atme regelmäßig tief in den Bauch ein und wieder aus. So versorgst du deinen Körper mit möglichst viel Sauerstoff und beugst Seitenstechen vor.
2. Radfahren
Auch beim Radsport ist eine flache Atmung problematisch. Gerade Neulinge, die sich beispielsweise erstmals auf ein Rennrad setzen, leiden oft unter Leistungslimitierung durch Sauerstoffmangel. Die Ursache ist die stark nach vorne gebeugte Haltung in Kombination mit einer unbewussten Atmung. Daher solltest du unbedingt deine Atemmuskulatur kräftigen und zunächst mit einer etwas aufrechteren Sitzposition einsteigen, sodass sich deine Atemmuskulatur an die Oberkörperkrümmung gewöhnen kann.
Geht es hingegen steil bergauf kannst du sowohl auf dem Mountainbike als auch auf dem Rennrad zudem in eine aufrechtere Position wechseln und damit die Sauerstoffversorgung erleichtern. Am Berg spielt die Aerodynamik ohnehin eine zu vernachlässigende Rolle.
3. Schwimmen
Während die Atmung beim Brustschwimmen noch relativ unkompliziert ist, da du jederzeit atmen kannst, sieht das beim Kraulen schon anders aus. Wichtig ist hier, dass du dir einen festen Atemrhythmus antrainierst, den du wie einen Automatismus abspulst. Am besten ist hier der Zweierrhythmus geeignet.
Das bedeutet, dass du bei jedem zweiten Kraulzug auf einer festgelegten Seite einatmest. Gegenüber dem bei vielen Hobbyschwimmern verbreiteten Dreierrhythmus ist diese Technik nicht nur einfacher zu erlernen, sondern auch effizienter. Gerade wenn du auf Leistung aus bist, verringert sich so die Gefahr, dass du deinen Körper in eine Sauerstoffschuld treibst.
4. Krafttraining
Beim Krafttraining ist die Atmung egal? Nein, keinesfalls. Viele Kraftsportler neigen nämlich dazu, die Luft im Moment der höchsten Belastung anzuhalten, was sowohl den Druck auf die Gefäße als auch den Druck auf Lunge und Herz massiv erhöht. Dass das nicht gesund sein kann, liegt auf der Hand. Das Gleiche gilt für die weit verbreitete Pressatmung, bei der durch die flache Atmung nur wenig Sauerstoff in den Blutkreislauf gelangt.
Das Ergebnis: Leistungsverlust. Gerade das Krafttraining bietet sich für das regelmäßige und tiefe Ein- und Ausatmen an, da sich die Atmung hervorragend mit der Bewegung synchronisieren lässt. Hier gilt die einfache Regel: Atme während der Belastung aus und während der Entlastungsphase ein.