Über den Kaiserschnitt zu sprechen, kann eine ledige Angelegenheit sein. Dabei spielen der Eingriff selbst und die später bleibende Narbe dank modernster OP-Techniken eine immer geringere Rolle. Unangenehm sind der teilweise enorme Mangel an Aufklärung über das Thema sowie die unzureichenden Ressourcen an begleitender Betreuung nach der Operation.
Wenn du Glück hast, wird dir erzählt, du solltest in den ersten sechs Wochen nach dem Kaiserschnitt nichts Schweres heben, kein Auto fahren und auf Sport verzichten. Ist das alles? Wie sieht es mit Physiotherapien, Anleitungen für den Notfall und Ratschläge für spezielle Bewegungsübungen aus? Du brauchst mehr Informationen. Nur ein "Alles Gute" bei der Entlassung aus dem Krankenhaus ist etwas wenig.
Was passiert bei dem Eingriff?
Ein Kaiserschnitt kann geplant (z. B. bei einer Steißlage) oder ungeplant (u. a. bei Komplikationen während der Geburt) durchgeführt werden. In jedem Fall durchtrennt der Arzt zunächst Haut, Fettzellen, Bindegewebe und Teile der Bauchhöhle. Anschließend werden die Bauchmuskeln auseinandergedrückt und ggf. eingeschnitten. Da die Blase den Zugang zur Gebärmutter versperrt, wird sie nach unten gedrückt. Mit einem möglichst kleinen Schnitt öffnet der Arzt die Gebärmutter, um das Baby und wenig später die Plazenta herauszunehmen.
Ist das Kind auf der Welt, wirst du wieder "zugemacht". In umgekehrter Reihenfolge werden Gebärmutter, Bauchmuskeln, Bauchmuskeln und Haut vernäht. Selbstauflösende Fäden halten in mehreren Schichten die verletzten Bereiche. Mit dem Heilungsprozess entstehen folglich in entsprechend vielen Ebenen Narben.
In sechs Wochen geheilt?
Nicht so schnell. Wie oben angedeutet, handelt es sich beim Kaiserschnitt um einen alles andere als schonenden Eingriff. Es wird dabei nicht nur deine Haut aufgeschnitten. Der Arzt verschiebt Organe, öffnet die Bauchhöhle und vieles mehr. Ausreichend Ruhezeit und genügend Erholung sind unerlässlich. Du musst geduldig sein und in deinen Körper hineinhorchen. Fängst du zu früh an, wieder Sport zu machen oder schwere Dinge zu heben, kann das schwerwiegende Folgen für dein ganzes Leben haben. Hab keine Eile. Gib deinem Organismus die Zeit, die er braucht, um die Wunden komplett auszuheilen.
Du weißt selbst am besten, wie schnell oder langsam eine Verletzung bei dir normalerweise abklingt. Bei einem Kaiserschnitt wird es höchstwahrscheinlich analog ablaufen. Eine Garantie ist dies aber nicht.
Generell kannst du diese OP mit einer komplizierteren Knieoperation vergleichen, die eine Heilungsdauer von neun bis zwölf Monaten hat. Lass dir von deinem Chirurgen einen Plan ausarbeiten, den du anschließend mit deinem Physiotherapeuten verfeinern kannst. Du brauchst einen Zeitplan, um zu deinen früheren Aktivitäten gefahrlos zurückkehren zu können. Nur so sollte ein Kaiserschnitt post-operativ behandelt werden.
Der Schein kann trügen: Außen heil, innen noch nicht
Weiter unten wird dir gezeigt, wie du die Besonderheiten bei der Rückkehr zum Alltag nach einem Kaiserschnitt bewältigen kannst. Denk dabei immer daran, dass der Heilungsverlauf nicht nach sechs Wochen abgeschlossen sein wird. Die Haut ist weniger anspruchsvoll und regeneriert am schnellsten. Von außen betrachtet, wird die Wunde deutlich früher "heil" aussehen. Doch in den tieferen Schichten benötigt dein Körper mehr Zeit, das dortige Gewebe zu vernarben.
Wenn dein Arzt dir zusichert, nach sechs Wochen könntest du wieder Sport machen, handelt es sich dabei um leichte und sanfte Bewegungen. Im Klartext bedeutet dies für dich, Übungen wie die folgenden zu absolvieren:
– Atmungsübungen
– Wandern
– moderates Schwimmen
– leichtes Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht
– Kräftigung der Körpermitte (z. B. kurzes Halten im Liegestützstand (erst wenige Sekunden, später mehr))
Vermeiden solltest du hingegen diese Art von Bewegungen:
– Laufen und Springen in allen erdenklichen Formen
– schweres Krafttraining
– Bauchmuskelübungen jeglicher Art (Beinheben, Crunches, Sit-Ups, etc.)
Können Kaiserschnitte eine etwaige Dysfunktion des Beckenbodens vermeiden?
Sicherlich ist das Risiko in der Zeit danach bei einer vaginalen Geburt höher. Grundsätzlich erhöht jede Schwangerschaft die Gefahr einer Beckenbodendysfunktion. So oder so musst du deine Körpermitte wieder regenerieren, was u. a. die Integration bzw. das Zusammenspiel mit dem Beckenbereich beinhaltet.
Hier sind einige Gründe, warum du nach einem Kaiserschnitt auf die Gesundheit deines Beckenbodens achten solltest:
– Durch den Abwärtsdruck des Babys können Muskeln und Bindegewebe im Beckenboden überdehnt werden. Dadurch werden sie lockerer als normal sein. Eine spezielle Behandlung bzw. Festigung des Bereichs ist fast immer unerlässlich.
– Die während der Schwangerschaft stark gewachsene Gebärmutter drückte immer stärker gegen die Beckenorgane (Blase, Enddarm u. a. ), wodurch deren natürliche Funktion gestört sein kann.
– Die Narben nach einem Kaiserschnitt können die Funktion der Nerven im Beckenboden stören. Ein Brennen in der Harnröhre, Schmerzen im Genitalbereich (Klitoris und Schamlippen) oder ständiger Harndrang sind oftmals die Folge.
– Während der Schwangerschaft veränderst du deinen Stand und deinen Gang. Du sitzt anders und machst auch andere Dinge nicht so, wie es für dich üblich ist. Alles ist auf Schonung ausgerichtet. Das macht Sinn, aber für die Muskulatur im Beckenbodenbereich kann das bedeuten, dass sie mit der Zeit enger und kürzer werden.
Erholung in den ersten Wochen nach der Geburt
In der ersten Zeit wirst du dich so viel ausruhen und entspannen, wie es irgendwie geht, und dich voll und ganz auf das Baby konzentrieren. Es gibt einige Dinge, die du in den ersten sechs Wochen nach dem Kaiserschnitt tun kannst. Hier sind die wichtigsten von ihnen aufgeführt:
1. Bitte um Hilfe
Hol dir Hilfe von deinem Partner sowie von deiner Familien und deinen Freunden. Sie werden dir alle unter die Arme greifen wollen. Sei nicht pikiert, wenn sie übertriebene Angebote machen. Freu dich stattdessen über die Fürsorge. Denn selbst wenn das Heilfleisch keine Beschwerden macht, könnte jede Anstrengung böse Folgen haben. Deine Aufgabe sollte ausschließlich darin bestehen, dich in deine neue Rolle hineinzufinden und das Baby im wahrsten Sinne des Wortes zu bemuttern.
2. Seitlich aus dem Liegen in die Sitzposition
Du musst jeglichen Druck auf die Bauchgegend vermeiden. Leg dich zuerst auf die Seite, wenn du dich hinsetzen willst. Aus dieser Haltung kannst du dich "hochrollen". Würdest du wie gewohnt frontal aufstehen, hätte das einen großen Druck auf deine verletzte Bauchpartie zur Folge.
3. Erholsame Atmung
Beginne sofort bzw. in den ersten Tagen nach der Geburt mit der Wiederherstellung deiner Körpermitte. Indem du tief aus dem Bauch heraus atmest, stärkst du vom Zwergfell bis zur Beckenmuskulatur einen Großteil des Bereiches. Fühle die sanfte Ausdehnung von Brustkorb und Bauch, wenn du einatmest. Beim Ausatmen spürst du auf die gleiche Weise, wie Bauchmuskeln und Beckenboden aktiviert werden.
Es ist sinnvoll, diese Bauchatmung vor jeder Anstrengung durchzuführen und damit nach dem Ausatmen loszulegen. Das gilt auch dann, wenn du dein Baby in den Arm nehmen willst.
4. Gehen
Anfangs solltest du im Bett liegen bleiben. Solange die Wunden noch frisch sind, ist jeder Schritt einer zu viel. Wenn der Heilungsprozess spürbar eingesetzt hat, solltest du langsam mit den Bewegungen anfangen. Fange mit ein paar Schritten an. Steigere die Anzahl stetig, indem du beispielsweise um dein Haus gehst. Horche in deinen Körper hinein und fühle, wie die Energie wieder zurückkommt. Mach während deiner kleinen Spaziergänge weiterhin deine Atemübungen.
5. Gehe zwecks Beckenbodentrainings zu einem Physiotherapeuten
Innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Geburt solltest du deinen Arzt bitten, dir eine Beckenbodenbehandlung beim Krankengymnasten zu verschreiben, auch wenn du keine Beschwerden hast. Während der Physiotherapie können die Spezialisten die korrekte Funktionalität deines Beckenbereich feststellen und mit der Mobilisierung deiner OP-Narbe beginnen.
Abhängig vom Heilungsprozess könntest du in der Praxis bereits vor dem 6-Wochen-Kontrolltermin zusätzlich zu deinen Atemroutinen mit Stabilitätsübungen für die Körpermitte beginnen. Es gibt kein magisches Datum, wann du wieder anfangen kannst. Jeder Körper heilt anders. Die Physioexperten werden dir entscheidende Hilfe leisten können, indem sie mit dir u. a. die folgenden Übungen durchführen:
– Gesäßbrücken bzw. Beckenheben aus der Rücklage
– Seitliches Oberschenkelheben mit angewinkelten Beinen (Muschelschalen oder "Clamshells")
– Beinstrecken aus der Rückenlage (Beine angewinkelt abstellen und abwechselnd parallel zum Boden bringen)
Deine Kernatmung kannst du bei all diesen Übungen mitmachen. Du atmest am besten unmittelbar bevor du die schwierigen Teile durchführst aus.
Wiederaufnahme des Krafttrainings nach dem Kaiserschnitt
Nach der sechswöchigen Erstregeneration inkl. einer abschließenden Kontrolluntersuchung durch deinen Physiotherapeuten kannst du in Absprache mit deinem Arzt mit deinem traditionellen Krafttraining beginnen. Gib deinem Körper genügend Zeit, um die steigenden Anforderungen der Bewegungen zu verarbeiten. Das beinhaltet vor allem eine ausreichende Erholung zwischen den Übungen.
Am besten startest du mit zwei 15-minütigen Trainingseinheiten in der Woche, die du langsam steigern kannst. Ein guter Richtwert wäre eine Verlängerung der Dauer um 5 Minuten alle 14 Tage. Viele Frauen setzen sich als Ziel, vier Mal in der Woche 30 bis 40 Minuten zu trainieren. Wenn es deine Lebensumstände zulassen, kannst du dich daran orientieren.
Am Anfang deiner Wiedereinführungsphase solltest du mit deinem Körpergewicht und leichten Hanteln trainieren. Expander, Widerstandsbänder und TRX-Übungen sind ideal. Schwerere Gewichte sind Belastungen, die du deinem Körper erst zumuten solltest, wenn die Wunden in allen Schichten möglichst vollständig verheilt sind. Hier sind einige Beispiele für sinnvolle Übungen:
– modifiziertes Seitheben (Körperheben aus der Seitenlage; unteres Bein angewinkelt)
– Kniebeugen ohne Hanteln (nur mit dem Körpergewicht)
– Ausfallschritte (gehe anfangs nicht zu weit hinunter)
– Schulterziehen mit dem Expander (schulterbreit vor dem Körper am Band (nicht am Griff) angefasst und nach außen ziehen
Auch hier kannst du die Kernatmung in jede Übung integrieren, indem du kurz vor der schwierigen Phase ausatmest und beim Zurückgehen Luft holst.
Zwei Punkte sind dabei ganz wichtig:
1. Genauso wie beim Beckenbodentraining solltest du den zweiten, weniger anstrengenden Teil konzentriert angehen.
Nur wenn du den gesamten Bewegungsablauf der Übungen gleichmäßig mit der gleichen Intensität durchführst, können die Work-outs ihre optimale Wirkung entfalten. Außerdem vermeidest du auf diese Weise technische Fehler, die zu Verletzungen führen können.
2. Dein Körper muss bei allen Übungen in einer neutral ausgerichtet sein. Das bedeutet, dein Rücken bzw. deine Wirbelsäule ergibt eine lange, gerade Linie. Im Lendenbereich sowie im Nackenansatz sind leichte Krümmungen sinnvoll. Achte darauf, deinen Brustkorb möglichst senkrecht über deinem Becken zu halten.
Übungen, die du nach einem Kaiserschnitt vermeiden solltest
Alle Art von Anstrengungen, die einen direkten Druck auf deinen Beckenboden ausüben, sind erst einmal tabu. Hier ist eine kleine Liste der Übungen, auf die du besser verzichten solltest, bis deine Narben vollständig ausgeheilt sind:
– generell: Training mit schweren Gewichten
– Crunches, Sit-Ups und alle anderen Bauchübungen
– Beinheben (Ausnahme: modifiziertes Beinheben (s. o.)
– Körperhalten im Liegestützstand ("front planks")
– Dauerlauf
– Springen
– Stufentraining ("Step ups")
– schweres Überkopfheben mit Hanteln ("Reißen")
– alle Übungen mit direkter Druckausübung auf den Beckenboden (z. B. Kniebeugen mit Langhantel im Nacken)
Die Wiederaufnahme des Trainings ist nach einem Kaiserschnitt sowie nach einer vaginalen Geburt sehr ähnlich. Es kommt hauptsächlich darauf an, den Körper vor, während und nach dem Sport zu fühlen. Wichtig ist zudem, sich in einer Weise zu bewegen, dass du dich in jeder Phase der Einheiten sicher, energiegeladen und gut fühlst.