Für jede Sportlerin, die sich vegan oder vegetarisch ernährt, stellt sich die Frage, woher sie ihr Protein bekommen soll. Geht es um Muskelaufbau, dreht sich im Internet fast alles um mageres Fleisch und Geflügel. Pflanzliche Eiweißquellen kommen dabei fast nie vor.
Damit ein Lebensmittel als "komplette Proteinquelle" angesehen wird, muss es alle neun essentiellen Aminosäuren (EAA) enthalten. Huhn, Fisch und Rindfleisch können dies bieten und gelten daher seit Jahrzehnten als einzige Möglichkeit, aus der Nahrung Eiweiß für Muskel- und Kraftaufbau zu bekommen. Pflanzliche Proteine werden dabei häufig in den Hintergrund gedrängt, weil sie eben nicht alle neun EAA enthalten. Doch ist dies überhaupt notwendig?
Nein, nicht jeder Bissen muss eine "komplette Proteinquelle" darstellen. Solange du keinen Mangel an einer der EAA hast, nutzt dein Körper alles aus deinem Essen. Stelle daher sicher, dass du "alle neune" beisammen hast. Das erreichst du durch eine gezielte Kombination und Variation der verschiedensten pflanzlichen Eiweißquellen.
Warum solltest du eher pflanzliche als tierische Proteine wählen? Sie sind generell einfach besser für deinen Organismus. Menschen mit einer pflanzlichen Ernährungsweise haben i.d.R. ein geringeres Risiko, unter Herzkrankheiten, Fettleibigkeit, Diabetes und Bluthochdruck zu leiden. Letztlich weisen sie eine höhere Lebenserwartung auf.
Wo aber findest du die pflanzlichen Quellen für dein Eiweiß?
Körner
Körner gehören wegen ihrer enthaltenen gesunden Kohlenhydrate zu den Grundnahrungsmitteln von Sportlern. Als Proteinquelle werden sie nicht angesehen. Einige Körnersorten wie weißer und brauner Reis haben tatsächlich nur wenig Protein. Weizengluten oder Seitan enthält hingegen etwa 63 Gramm Eiweiß pro 100 g. Seitan kann auch zu einem "vollständigen" Protein werden, wenn du es mit Sojasauce zusammen kochst. Grundsätzlich können die meisten Körner mit Bohnen oder Hülsenfrüchten zubereitet werden, um ein komplettes EAA-Profil zu erhalten. Meistens entstehen auf diese Weise leckere Kombinationen (Bohnen und Reis, Erdnussbutter Toast oder Haferflocken, Hummus Pitas, etc.) Neben dem Proteingehalt sind Körner eine ausgezeichnete Quelle für Ballaststoffe, B-Vitamine und Mineralstoffe wie Eisen und Magnesium. Weitere beliebte eiweißreiche Körnersorten sind u.a.: Wildreis (7 g Eiweiß / Tasse), geschnittener Hafer (12 g Eiweiß / 100 g) und Couscous (6 g Eiweiß / Tasse).
Nüsse
Nüsse gelten oftmals "nur" als ausgezeichnete Lieferanten von Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien, Vitaminen und Mineralien. Doch sie können tatsächlich auch eine hervorragende Quelle pflanzlichen Proteins sein. Nüsse wie Mandeln und Pistazien enthalten 18 Gramm Eiweiß pro 100 g und eine vergleichsweise geringe Menge an gesättigten Fetten. Abgesehen vom Proteingehalt und den fürs Herz so gesunden essentiellen Omega-3-Fettsäuren sind Nüsse ein einfacher Snack für zwischendurch, da die meisten Sorten entweder roh oder in Form von Nussbutter verzehrt werden können. Produkte wie Mandelbutter (7g Eiweiß / 2 EL) und Kaschu-Butter (6g Eiweiß / 2 EL) sind eine gute Alternative zu Erdnussbutter oder anderen pflanzlichen Protein-Aufstrichen.
Obwohl ihnen einige der essentiellen Aminosäuren fehlen, können Nüsse oder Nussbutter zusammen mit Körnern zu vollständigen Proteinquellen werden.
Bohnen und Hülsenfrüchte
Entgegen der landläufigen Meinung (und seinem eigenen Namen), sind Erdnüsse Hülsenfrüchte. Durch ihr unterirdisches Wachstum, gehören sie zur gleichen Familie wie u.a. Linsen, Kichererbsen und Sojabohnen. Obwohl die Sojabohne die einzige Hülsenfrucht ist, die als "vollständig" bezeichnet werden kann, können Erdnussbutter oder Kichererbsen-Humus mit Vollkornbrot oder fettarmen Chips gegessen werden, um die die Einnahme aller essentiellen Aminosäuren zu gewährleisten.
Hier sind die beliebtesten Hülsenfrüchte und Hülsenfruchtprodukte, die reich an Protein und Ballaststoffen sind: Linsen (18 g Eiweiß / Tasse), Erdnussbutter (8 g Eiweiß / 2 EL), Humus (3 g Eiweiß / 2 EL), Kichererbsen (15 g Eiweiß / Tasse) und Sojabohnen (22 g Eiweiß / Tasse).
Du wirst kaum einen Menschen finden, der sich vegetarisch ernährt und keine Bohnen und Hülsenfrüchte verzehrt. Dafür gibt es einen guten Grund: Bohnen kommen in vielen verschiedenen Formen, Größen und Geschmacksrichtungen vor und sind oft reich an Protein, Ballaststoffen, B-Vitamine, Kalium und Kalzium. Obwohl sie nicht alle neun EAA beinhalten, können sie kombiniert mit bestimmten Körnerarten (z.B. Reis) zu "vollständigen" Proteinquellen werden.
Zu den häufigsten verzehrten Bohnenarten mit hohem Proteingehalt gehören: Schwarze Bohnen (15 g Eiweiß / Tasse), Pinto Bohnen (15 g Eiweiß / Tasse), Ackerbohnen (13 g Eiweiß / Tasse) und Kidney-Bohnen (15 g Eiweiß / Tasse).
Saatgut (Samen)
Eine der wenigen pflanzlichen Quellen, die als "vollständiges" Protein bezeichnet werden können, ist Quinoa. Es hat wenig Kohlenhydrate und Kalorien und ist eine attraktive Alternative zum Reis, die 24 Gramm Protein pro ungekochte Tasse enthält. Außerdem bietet Quinoa fast 50 % der empfohlenen Tagesdosis an Eisen und hat zweimal so viele Ballaststoffe wie die meisten Körnersorten.
Andere Samen mit hohem Proteinanteil sind u.a.: Buchweizen (23 g Eiweiß / Tasse), Hanfsamen (10 g Eiweiß / ml), Chia-Samen (5 g Eiweiß / ml), Sonnenblumenkerne (15 g Eiweiß / 100g) und Kürbiskerne (5 g Eiweiß / ml). Damit alle neun EAA vorkommen, können Samen mit Hülsenfrüchten wie Linsen oder Kichererbsen kombiniert werden.
Nährhefe
Nährhefe ist das vielleicht am besten gehütete Geheimnis dieser Liste. Es ist eine weitere "vollständige" pflanzliche Proteinquelle. Wie der Name schon vermuten lässt, ist Nährhefe vollgepackt mit Nährstoffen bei einer ähnlichen Konsistenz wie Parmesan-Käse. Obwohl sie tatsächlich aus Melasse geerntet wird, ist sie reich an Zink, Vitamin B12, Folsäure und – du ahnst es sicher schon – Protein. Nährhefe enthält 42 Gramm Eiweiß pro 100 g und ist arm an Fett, Natrium und Zucker, was allein schon selten genug ist. Abgesehen davon ist die Nährhefe für ihren käseartigen Geschmack bekannt. Daher kann sie zu fast allem von Pasta bis zum Popcorn für eine leckere Sauce oder einen köstlichen Dip hinzugefügt werden.
Nahrungsergänzungspulver mit pflanzlichem Eiweiß
Zusätzlich zu dem Verzehr von Lebensmitteln aus den oben genannten Kategorien, kann es für viele Menschen sinnvoll sein, ihren Proteinhaushalt durch die regelmäßige Einnahme von Proteinpulvern auf pflanzlicher Basis zu ergänzen. Viele Kraftsportler verwechseln die Nahrungsergänzungsmittel häufig mit Hauptnährstoffquellen. Diese Supplemente sollen lediglich ergänzen und verbessern. Eine zu hohe Dosis kann bei vielen Menschen dazu führen, dass sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. Das gilt vor allem für Athleten, die überwiegend pflanzliches Eiweiß verbrauchen. Pflanzliche Proteinquellen sind auf dem Vormarsch und es gibt schon jetzt keinen Mangel an wohlschmeckenden, leicht verdaulich Optionen.
Abgesehen von pflanzlichen Proteinpulver, das einen "vollständigen" Aminosäure-Profil enthält, werden Eiweißisolate aus Erbsen, Weizen, Hanf, Soja und Reis verwendet, um die EAA-Aufnahme zu befriedigen.
Es gibt endlos viele Möglichkeiten für Athleten, ihr Protein aus pflanzlichen Quellen zu holen. Obwohl immer noch viele Leute glauben, jede Proteinquelle müsse vollständig sein, existiert bereits Literatur, die etwas ganz anderes aussagt. Du hast viele Gründe kennengelernt, um pflanzliche Proteinquellen zu wählen. Hoffentlich hast du jetzt mindestens eine für dich entdeckt.