Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hast du schon einmal den Spruch »definiert wird in der Küche« gehört und hinterfragt, ob dies denn wirklich der Fall sein kann. Und tatsächlich entspricht es der Realität, dass der Großteil des Fettabbaus über die Ernährung geregelt wird. Allerdings solltest du nicht dem Trugschluss aufsitzen, dass dies alleine der Königsweg wäre, denn genau genommen ist auch die Ernährung nur ein Teil eines ausgeklügelten Gesamtkonzepts, um den Körperfettanteil zu reduzieren und die Muskulatur zum Vorschein zu bringen. Wenn du deinen Körperfettanteil wirklich deutlich reduzieren möchtest, sodass die Definition deiner Muskeln bestmöglich hervortritt, musst du selbstredend auch einiges an Zeit im Kraftraum und beim Cardio-Training verbringen. Insbesondere im Hinblick auf das Cardio-Training existieren allerdings zahlreiche Missverständnisse und Mythen, die unter anderem auf Interviews mit bekannten Fitnessmodels zurückgehen, die davon berichten unzählige Stunden Cardio-Training absolvieren zu müssen, um ihren Körperfettanteil niedrig zu halten. Aber muss das wirklich sein oder geht es nicht auch anders? Im folgenden Artikel möchten wir uns in dieses Spannungsfeld begeben und dich darüber aufklären, ob exzessives Cardio-Training wirklich notwendig ist, um einen möglichst niedrigen Körperfettanteil zu erhalten.
Was hat Cardio-Training also mit einem niedrigen Körperfettanteil zutun?
Mit dem Zusammenhang zwischen dem Umfang und der Intensität des Cardio-Trainings beschäftigt sich die Sportwissenschaft schon seit vielen Jahren und kommt diesbezüglich zu immer neuen Erkenntnissen, die sich insbesondere in der Vergangenheit aber immer wieder widersprachen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie einer renommierten Universität beschäftigte sich mit der Wettkampfvorbereitung von Natural-Bodybuildern hinsichtlich der Auswirkungen des Cardio-Trainings auf die Körperkomposition. Im Detail betrachtete man die letzten Monate der Wettkampfvorbereitung, in denen es charakteristischerweise darum geht, die letzten Fettreserven loszuwerden, um einen extrem niedrigen Körperfettanteil zu erreichen. Bezeichnenderweise reduzierten die an der Untersuchung beteiligten Sportler ihren Körperfettgehalt binnen 14 Wochen von durchschnittlich 14 Prozent auf im Schnitt 7,2 Prozent. Dieses beachtliche Ergebnis erreichten die Sportler nicht nur durch eine kalorienreduzierte Ernährung, sondern auch durch ein Cardio-Training, das pro Woche fünf Einheiten mit einer Dauer von jeweils 40 Minuten umfasste. Was die Forscher in diesem Zusammenhang besonders verblüffte, war aber die Tatsache, dass der Anteil der Muskelmasse, die der Diät zum Opfer viel mit durchschnittlich 5,5 Kilogramm (also 43 Prozent des gesamten Gewichtsverlusts) deutlich größer als erwartet ausfiel. Die Wissenschaftler vermuteten, dass dieser Effekt mit dem größeren Kaloriendefizit zusammenhängt, da die Sportler durch ihr exzessives Cardio-Training vorzuweisen hatten. Unter dem Strich liegt also die Vermutung nahe, dass exzessives Cardio-Training für die bestmögliche Muskeldefinition also nicht gerade von Vorteil ist.
Woran kann es noch liegen?
Das erzeugte Kaloriendefizit ist jedoch nicht die einzige Ursache dafür, dass exzessives Cardio-Training für die optimale Muskeldefinition eher kontraproduktiv ist. Eine Studie, die im Journal of Sports and Physical Fitness veröffentlich wurde, legt einen weiteren einleuchtenden Grund nahe. Es liegt in der Natur der Sache, dass Kraft- und Ausdauertraining den Organismus auf unterschiedliche Weise belasten und dementsprechend auch unterschiedliche Muskelfasern ansprechen, was sich ebenfalls auf die optische Entwicklung der Muskulatur auswirkt und damit darüber bestimmt, wie sehr sie sich im Rahmen eines sinkenden Körperfettanteils unter der Haut abzeichnet. Während das Krafttraining in erster Linie die schnellzuckenden FT-Muskelfasern anspricht, die vergleichsweise voluminös daherkommen, fokussiert sich das Ausdauertraining auf die sogenannten ST-Muskelfasern, die filigraner daherkommen. Darüber hinaus sind diese Muskelfasern, da sie auf die Erbringung von Ausdauerleistungen ausgelegt sind, auf Energieeffizienz ausgelegt und treten dementsprechend wenig dominant in Erscheinung. Unser Organismus ist weiterhin ein Wunder der Effizienz und versteht es daher sehr gut, sich an gegebene Anforderungen anzupassen. Hinsichtlich des Cardio-Trainings betrifft dies beispielsweise die Anpassung der Muskelfaserzusammensetzung an die gegebenen Belastungen. Wenn du es also mit dem Ausdauertraining übertreibst, neigt dein Organismus dazu, vermehrt ST-Fasern auszubilden, wodurch das Muskelvolumen zugunsten der Ausdauer abnimmt. Sofern es dein Ziel ist, deine antrainierte Muskulatur bestmöglich zu definieren, ist zu viel Cardio-Training also pures Gift für deinen Körper.
Welchen Einfluss hat die Intensität des Trainings?
Eine andere Option, die im Rahmen des Fitnesssports ebenfalls besonders beliebt ist, um den Körperfettanteil zu reduzieren, ist das High Intensity Intervall Training (HIIT). Dieser Ansatz basiert auf dem Konzept, das Cardio-Training möglichst kurz, dabei aber hochintensiv zu gestalten, womit die Nachteile der extremen Trainingsumfänge ad acta gelegt werden können. Genau genommen kommt das HIIT dem Belastungsprofil des konventionellen Krafttrainings sehr nahe, da die einschlägigen Belastungsmuster ähnliche Muskelfasern beanspruchen und damit ausbilden. In der Folge neigt dein Organismus also deutlich weniger leicht dazu, die Faserzusammensetzung deiner Muskulatur zu Lasten der Muskeldefinition zu verändern. Allerdings ist auch das High Intensity Intervall Training nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn es um die optimale Reduktion des Körperfettanteils geht. Das grundsätzliche Problem des HIIT-Trainings fußt nämlich auf dem angesprochenen Belastungsmuster, da dieses deinen Organismus auf ähnliche Weise beansprucht wie der Kraftsport und damit den Regenerationsaufwand erhöht. Bedingt durch die zusätzliche und zudem vergleichsweise einseitige Belastung kommt es insbesondere in Verbindung mit einer Diät zur vermehrten Ausschüttung von Stresshormonen und einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit. Vor allem die Ausschüttung von Stresshormonen hemmt den Fettabbau und hat im schlimmsten Fall negative Auswirkungen auf deine physische und kognitive Leistungsfähigkeit.
Was solltest du also tun, wenn du einen niedrigen Körperfettanteil erreichen möchtest?
Unter dem Strich ist es also weder empfehlenswert das Cardio-Training besonders intensiv zu gestalten noch dabei auf extreme Umfänge zu setzen. Anstelle dessen ist es von essenzieller Bedeutung, einen guten Mittelweg zu finden, der vor allem dann an Bedeutung gewinnt, wenn du bereits einen vergleichsweise niedrigen Körperfettanteil hast und dieser noch weiter absenken möchtest. In der Folge ist es speziell in dieser Phase empfehlenswert, auf einen Trainingsumfang von gut drei bis maximal vier Stunden pro Woche zu setzen und sich dabei auf eine niedrige Intensität zu konzentrieren. An dieser Stelle bietet es sich beispielsweise an, das Laufen durch leichtes Radfahren oder Walken zu ersetzen, um Kalorien zu verbrennen, deinen Organismus aber nicht mit zu großem Stress zu belasten. Vergiss aber nicht, dass das Cardio-Training alleine noch kein Erfolgsgarant ist, sondern ebenfalls nur ein Puzzleteil im Gesamtkonzept der Körperfettreduktion.