Mittlerweile ist es üblich geworden, dass die großen Social Media Plattformen von Bildern geflutet werden, auf denen sich Frauen in ihrer absoluten Makellosigkeit zur Schau stellen, sodass man der Auffassung sein könnte, dass perfektes Aussehen zum neuen Standard geworden ist. Inmitten der augenfällig perfekten Inszenierung von braun gebrannten Leibern mit flachen Bäuchen, großen Brüsten und faltenfreien Gesichtern, fällt es zunehmend schwer den Sinn für die Realität zu wahren, der durch die Omnipräsenz von mit Photoshop bearbeiteten Bildern beeinträchtigt wird. Umso begrüßenswerter ist ein auf Instagram gepostetes Foto des Models Chrissy Teigen, das ihre Beine in natura mit blauen Flecken und Dehnungsstreifen zeigt. Das, was folgte, war in dieser Dimension nicht im Ansatz zu erwarten.
Dehnungsstreifen mit Stolz tragen
Frauen rund um den Globus sahen sich durch den Schritt der bekannten Schönheit dazu ermutigt, es ihr gleich zu tun und ihre Körper in all ihrer Natürlichkeit unter den Hashtags #LoveYourLines und #TakeBackPostpartum zu präsentieren, ohne sich von der Scheinwelt der sozialen Netzwerke ins Bockshorn jagen zu lassen. Im März schloss sich auch die im Netz bekannte Bloggerin Rachel Hollis dem Trend zur neuen Freimütigkeit an und setzte einen inspirierenden Post ab, der sich wie ein Lauffeuer verbreitete. In ihrem überraschend offenen Post stellt sie heraus, dass sie es sich vorher nie vorstellen konnte, in ihrem Leben einmal Dehnungsstreifen oder einen herunterhängenden Bauchnabel zu haben. Anstatt sich darüber betrübt zu zeigen, prescht sie offensiv vor und bekräftigt, dass sie im Anschluss an ihre Schwangerschaften alles dafür getan hat, ihre sportliche Figur zurückzubekommen, auch wenn sie wusste, dass zumindest einige Spuren verbleiben würden. Weiterhin ermutigt sie die Mütter dieser Welt, ihre Dehnungsstreifen nicht als Schandmale, sondern als Auszeichnung anzusehen, die durchaus mit Stolz im Bikini präsentiert werden können.
Mut zur Natürlichkeit
Verhaltenspsychologen wie Ivanka Prichard begrüßen diesen Trend als äußerst positive Entwicklung in den sozialen Medien, die klassischerweise von optimierten Fotos und Profilen dominiert werden. Ihre Einstellung begründet die australische Wissenschaftlerin damit, dass es der Trend hin zur Natürlichkeit für Frauen einfacher macht, mit sich und ihrem Körper zufrieden zu sein, da sie nicht mehr andauernd mit künstlichen Idealen konfrontiert werden, die ohne technische Hilfsmittel mitunter nicht zu erreichen sind. Laut Prichard stärkt dies nicht nur das Selbstbewusstsein von Frauen, sondern steigert auch die Motivation, weiterhin hart zu trainieren und für die eigenen Ziele zu arbeiten. Dem stimmt auch Emma Halliwell von der University of the West of England zu. Sie bekräftigt jedoch auch, dass es nicht ausreicht, einem solchen Trend hinterherzulaufen, sondern dass bezüglich der Selbstdarstellung ganz allgemein ein Umdenken in der Welt des Internets stattfinden sollte. Selbstredend möchten wir auf jedem Foto, das wir veröffentlichen möglichst gut aussehen, was aber nicht impliziert, dass es wirken muss wie aus einem Modemagazin. Vielmehr ist es ratsam, wenn wir mehr Mut zur Natürlichkeit beweisen und uns auch in den sozialen Medien so ehrlich und authentisch präsentieren, wie wir sind.